Sonntag, 9. Juli 2017

Die Geschichte von der Veranda

Wir wohnen nun seit ziemlich genau sieben Jahren in unserem Haus und wer selbst ein Haus hat, weiss, dass manche Dinge ihre Zeit brauchen.

Als wir einzogen, war unser Zeug schon teilweise da, wir hatten nämlich die Erlaubnis gepackte Kartons noch vor Vertragsabschluss einzulagern. Dafür gab es im Garten einen (so denken wir) ehemaligen Hühnerstall aus Wellplastik gebaut - aber mit Eternit-Dach.
Auf dem Foto links zu sehen


... und so sah das dann aus, das meiste blieb trocken und wir waren happy

Aber sobald wir im Haus wohnten und uns im Garten aufhielten störte mich dieses hässliche Ding immer mehr und ich träumte von einer Veranda.... ein schöner offener Platz, überdacht, auf dem man auch bei leichterem Regen sitzen und essen könnte.
Immer wieder skizzierte ich im Kopf und auf Papier meine Vorstellung.
Vor zwei Jahren war es dann soweit und das Projekt: Hühner- und Hasenstall-Entfernung konnte beginnen.

Hier zu sehen: Hasenstall


hier nicht mehr zu sehen: Hasenstall



hier zu sehen: zerlegter Hühner- und Hasenstall


Dann ruhte das Projekt eine Weile... Material kostet Geld und für's Arbeiten braucht man das richtige Wetter plus einen Fuss, der einen ein bissl in den Allerwertesten tritt. Immer hat eines davon gefehlt.

Doch plötzlich ging alles rasch voran und ein Dach stand da, wo ehemals das hässliche Wellplastik den Garten verunzierte


dieses Jahr wurde nach und nach der Boden gemacht





und irgendwann war soviel Boden da, dass wir einen Tisch und Klappstühle hin stellen und unser erstes Grillen mit ordentlichem Sitzen veranstalten konnten





eines Tages war der Boden fertig und wir grillten zum zweiten Mal




Natürlich fehlte noch das eine oder andere, z.B. Veranda-Kitsch.... (bei Tag)



(und bei Nacht)






ausserdem muss man irgendwo gemütlich sitzen können... und eine Kommode muss auch her






wir fanden in der Werkstatt noch ein altes Schränkchen für Gartenwerkzeug


und die Kommode haben wir mit Gartengeschirr befüllt





Jetzt nur noch Zaun streichen, dann ist alles perfekt.





Und ja: wir SIND sehr stolz auf uns.


Dienstag, 6. Dezember 2016

Ende gut - alles perfekt

... und dann gibt es diese Tage, die einen einfach zum Lachen und zum Glücklichgrinsen bringen.

Gestern kam eine Mail vom Gymnasium, die Eltern mögen doch bitte die übrig gebliebenen Kuchenbehältnisse endlich abholen.... mal gucken, ob meine nun doch wieder ganz plötzlich materialisiert ist.

Am Freitag und gestern hatte ich noch erfrischend nette Telefonate mit Fed-Ex, die mich zwar nicht weiter brachten, aber zumindest hatten die beiden Damen einen ähnlichen Humor wie ich, und nahmen meinen Sarkasmus nicht persönlich. Sie konnten sogar darüber lachen und waren solidarisch mit mir erstaunt und ratlos, was denn nun mit meiner Lieferung los wäre. Man sicherte mir zweimal einen klärenden Rückruf zu, der niemals erfolgte.. aber dafür stand grad eben ein Bote vor der Tür, der mir meine Duftfläschchen wie selbstverständlich in die Hand drückte.
(Eigentlich kann  ich mich grad gar nicht auf das Tippen konzentrieren, weil ich abwechselnd am linken und am rechten Handgelenk schnuppern muss, um meine beiden Lieblingsdüfte nach so langer Zeit zu geniessen).

Warum der Fed-Ex Bote allerdings laut Sendungsverfolgung von Köln nach Giessen (so nah!), dann von Giessen nach Frankfurt, von Frankfurt wieder nach Köln und anschliessend nach Mannheim fuhr - und das innerhalb 5 Tage - weiss nur der Kuckuck. Es  erinnert mich ein wenig an die Fahrt von Frankfurt nach Essen, die ich damals mit meinem Kollegen Steffen zur Essener Comic- und Spielemesse gemacht habe, und die uns über die Rheinstrasse führte... es war zwar schön, kostete uns allerdings zwei Stunden Fahrtzeit.
Ich meine, wenn der Bote von Köln kommt, dann muss er sich ja erst einmal die Gegend hier ansehen... ich hab da Verständnis dafür.

Vorhin habe ich einen Auftrag erledigt. Mein mittleres Kind (das Nerd-Kind) wünscht sich zu Weihnachten einen sündhaft teuren Harry Potter Quidditch Slytherin Pullover aus echter Wolle. Die Großeltern, lieben meine Kinder und sie erfüllen diesen Wunsch gerne, ich sollte ihn also bestellen, da sie selbst nicht so fit mit Internet sind. Die Bestellung hat mich jetzt mindestens eine ganze Stunden schallend lachen lassen.
Auf Elbenwald bekommt man solch luxuriösen Fan-Artikel und die Bestellung lohnt sich schon mal wegen der Benachrichtigungen, die ich Euch nicht vorenthalten will:
bei Abschluss der Bestellung erscheint der typische "bin mit den AGB einverstanden" Satz, allerdings mit dem Zusatz "Ich habe die AGB zwar nicht gelesen, so wie das heute üblich ist, erkläre mich dennoch mit allem was da so drin stehen mag, bereit"

das fand ich schon amüsant

danach kam die Bestellbestätigung per Mail:

Bestellung bekommen - challenge accepted!

Hallo Martina,

Hach, ein herrlicher Tag! Für uns, weil du was Schönes beim Elbenwald gefunden hast. Aber auch für dich, eben weil du was Schönes beim Elbenwald gefunden hast!

Sollte irgendwie, irgendwann, irgendwas mit deiner Bestellung sein (zum Beispiel, wenn du eine Frage hast), müssen wir dich und deinen Auftrag zuordnen können. Deswegen haben wir deiner Bestellung einen unfassbar individuellen Nicknamen verpasst, den man sich leicht merken kann: EW563xxx

Was passiert als nächstes? Die Kollegen (unsere) laufen durch unseren sagenumwobenen Privatwald, weichen niemals vom Pfad ab (weil verrückte Dinge passieren können, wenn man das tut) und versuchen, deine Sachen zu finden. Es sei denn, du hast Mitten in der Nacht bestellt, dann schlafen wir noch oder schauen Serie.

Wir schweifen ab. Damit nichts in die Hose geht, überprüf bitte noch mal deine Angaben:


xxxxxxxxxx


Jetzt beginnt der harte Teil, die Wartezeit. Wir haben aber schon eine Idee, wie du die am besten bewältigst: mit kostenlosen Comics! Und wie es der Zufall nun einmal will, hätten wir da was im Angebot. Schau doch mal auf unserer eigens dafür eingerichteten Elbenwald-Notfall-Wartezeit-Überbrückungsseite vorbei, es lohnt sich.
 


Ich bin ja nicht neugierig, aber natürlich  habe ich auf den Link geklickt und las dann Folgendes:


Da hast du doch tatsächlich die komplette Bestellbestätigungsmail gelesen und unseren Notfall-Wartezeit-Überbrückungs-Vorschlag entdeckt. Erlaube uns an dieser Stelle ein kurzes Lob: Wunderbar, dass es noch Menschen gibt, die sich tatsächlich Texte durchlesen. Selbst wenn es sich dabei um etwas Langweiliges wie eine Bestellbestätigung handelt. Aber kommen wir zum Punkt, du bist ja aus einem Grund hier.
Zur Überbrückung deiner Wartezeit haben wir uns was ausgedacht. Da du ja zu den Leuten gehörst, die gerne esen, präsentieren wir dir hier fünf Comics, die du kostenlos herunterladen darfst! Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Da hast du völlig recht, daher der wichtige Hinweis: Wir dürfen leider nicht einfach komplette Ausgaben verschenken, daher handelt es sich bei unseren Comics “nur” um Leseproben. Dafür fallen die teilweise sehr umfangreich aus! 


und dann kam noch eine weitere Mail mit der Rechnung

Eine Rechnung, so viele Möglichkeiten

 Hi Martina!,

Wir sind’s schon wieder. Der Vollständigkeit halber gibt’s jetzt die Rechnung für deine Bestellung. Damit kannst du ganz unterschiedliche Dinge machen. Ein paar Vorschläge:

Du könntest die Rechnung in einen gesonderten E-Mail-Ordner mit all deinen anderen Rechnungen abspeichern - ordentlich, aber langweilig. Oder du druckst sie aus und heftest sie in einem großen, schwarzen Ordner ab - noch langweiliger. Mit der gedruckten Rechnung könntest du aber auch einen Papierflieger basteln und Spaß damit haben! Oder du malst ein nettes Bild drauf! Oder du nutzt deine überragenden Origami-Künste und erschaffst ein großartiges Kunstwerk!* Und da sag noch einer, digital wäre besser …

Sollte sich das PDF im Anhang nicht öffnen lassen, befolge bitte folgende Anweisungen:

1. Ruhe bewahren
2. Auf weitere Anweisungen warten
3. Den Adobe Acrobat Reader runterladen und installieren http://get.adobe.com/de/reader/
4. Das PDF mit dem jüngst installierten Programm öffnen und einen der obigen Vorschläge umsetzen

Sollte sonst noch irgendwas sein, zöger nicht, uns zu fragen. Entweder per Mail an info@elbenwald.de oder ruf an: 0355 xxxxxx.

Tschö mit ö!

Der Elbenwald

*Wenn du das tatsächlich machst, verlangen wir ein Foto! 


Also dieser Tag entschädigt mich echt für so ziemlich alles das in den vergangenen Tagen schief gelaufen ist.  😄

Freitag, 2. Dezember 2016

Eine Woche voller Wahnsinn

Eigentlich ist das völlig gelogen, denn der Wahnsinn dauert schon etwas länger an... aber diese Woche hat es echt in sich. Und das Schlimmste: die Woche ist ja noch gar nicht vorbei, drei weitere Tage könnten den Wahnsinn noch steigern.

Warnung: Dieser Blogbeitrag (der erste seit Monaten wieder) könnte länger werden. Lesemuffel dürfen sich hier schon verabschieden, auch wenn sie es dadurch versäumen, in meinem Elend baden zu dürfen.

Ich muss etwas ausholen, damit folgende Schilderungen Sinn ergeben.
Vor einigen Tagen beschlossen wir, dass unsere Mädels dieses Jahr keinen riesigen Berg an Geschenken unter dem Weihnachtsbaum finden werden. Stattdessen wollen wir ihnen ihren Herzenswunsch erfüllen: jede bekommt ihr eigenes Refugium. Im Moment teilen sie sich noch zweieinhalb Zimmer im obersten Stockwerk, das dritte ist unser Schlafzimmer.
Der Moment, vor dem ich mich seit Einzug in dieses Haus fürchte, ist also nun gekommen. Als wir hier einzogen, waren unsere Mädels soooooo klein und der Tag der ersten Pubertät noch sooooo weit weg. Aber wir wussten natürlich, dass irgendwann der Tag kommen würde an dem das Zusammenleben der beiden Schwestern zur allgemeinen Qual würde. Dieser Tag hat schon längst Einzug gehalten und bevor Gewalt, Mordgelüste und Blutbad auftreten, müssen also Taten sprechen.

Wir hielten Familienrat und die leuchtenden Augen unserer Töchter zeigten uns, dass die Entscheidung richtig war.

Hier haben wir also dreieinhalb komplett eingerichtete Zimmer, die nun völlig umgestellt werden: unser Schlafzimmer plus Balkon bekommt die ältere, das ehemalige Mädelsschlafzimmer bekommen wir, Spiel- und Schreibzimmer wird das Reich der jüngsten (keine Angst, sie hat zwar keinen Balkon aber dafür das volle Nutzungsrecht der angrenzenden Riesenterrasse - es kommt bei uns niemand zu kurz).
Erstes Problem: unser Kleiderschrank ist ein riesiges, sehr geräumiges, massives Ding, das genau in unser Schlafzimmer passt - die Deckenhöhe in den anderen Räumen ist niedriger. Heisst also übersetzt: wir können den Kleiderschrank nicht in unser neues Schlafzimmer mitnehmen und müssen einen neuen kaufen.
Älteste bekommt jetzt einen massiven, riesigen , sehr geräumigen Kleiderschrank (wir müssen nie nie wieder aumisten - da passen die alten Klamotten, die zu klein geworden sind, genauso rein wie die neuen... und zwar die nächsten 5 Jahre). Den Kleiderschrank der ältesten bekommt nun die jüngste und der beste Ehemann von allen bekommt den kleinen kompakten Kleiderschrank der jüngsten (er ist - im Gegensatz zu mir - sehr genügsam was Klamotten anbelangt) und ich.... ja ich bekomme einen völlig neuen Kleiderschrank vom grossen Schwedenmöbelhaus. Hach!
Bevor das aber passiert müssen wir Schiebepuzzle spielen, und zwar die Live-Version. Ihr kennt das noch aus Eurer Kindheit? Bei mir flog das Ding öfter schon mal quer durch die elterliche Wohnung
Ein Gutes: Wir fanden heraus, dass unser altes Bett einen erneuten Abbau und Wiederaufbau wohl nicht mehr mit macht. Also darf es sich auf den Sperrmüll verabschieden. Denkt jetzt kurz mal nach, gleich habt Ihr einen Aha-Effekt.....

Ja, genau - ein Teil weg bedeutet = es entsteht Raum zum Herumschieben. Klasse oder?
Tja, aber das neue Bett wird erst am 6. Dezember (hoffentlich) geliefert, bis dahin verbringen der Allerbeste und ich die Nächte im Gästezimmer, die alten Matratzen auf dem ausziehbaren Sofa, weil ich mir beim besten Willen derzeit keinen Termin bei der Physiotherapeutin leisten kann. Das Hochklettern auf das Bett hat ein bisschen was vom "Die Prinzessin auf der Erbse" - Märchen. Ich überlege mir derzeit sehr gründlich, ob ich nachts tatsächlich auf die Toilette muss, weil es mich nämlich fett auf die Fresse legen würde, wenn ich im Dunkeln von diesem Thron herab steigen muss.
Der Mensch gewöhnt sich schnell an alle möglichen Umstände.

Soweit also der momentane Zustand bei uns zu Hause, der auch die nächsten Wochen nicht sonderlich anders werden wird.
Der Allerbeste hat dieses Jahr keinen Urlaub mehr, also wird hauptsächlich in den Abendstunden und am Wochenende gewerkelt, nachmittags versuche ich die älteste zum Mitarbeiten zu motiveren und die jüngste zum Ausmisten. Beides energieraubende Aufgaben, die mich am Rand meiner Leistungsfähigkeit bringt. Und manchmal weiss ich nicht, wen ich lieber hab: das faule Aas, oder den angehenden Messie.... seufz.
Aber die Dinge, die doch noch gehen dürfen, werden langsam mehr und da ja im Keller Teile der neuen Möbel gestapelt sind, passen die Kartons mit dem Kinderspielzeug, das zu schade zum Wegwerfen ist aber gut genug für den nächsten Flohmarkt, nicht mehr rein. Wir laufen also derzeit Slalom zwischen Müllsäcken (die grüne Tonne war bereits eine Stunde nach dem Leeren wieder randvoll) und Flohmarktkartons Slalom.


(letztes Bild zeigt den Blick in unser künftiges Schlafzimmer mit teilweise aufgebautem neuen Kleiderschrank und tonneweise Bücher, die eines der nächsten Probleme darstellt: keines der unzähligen Regale bleibt wo es war - also alle Bücher raus, Regal verstellen, Bücher wieder rein)

Ihr wisst also nun, wie es bei uns derzeit aussieht und nun kann ich endlich anfangen zu erzählen!

Montag:
Der Postbote klingelt und bringt mir eine CD, die ich schon völlig vergessen hatte. Vor ca. 4 Wochen bestellt für 4,99 bei Amazon über einen Drittanbieter. Darauf ein Lied, das ich nun schon seit 20 Jahren haben möchte. Die Band heisst KILA, der Name steht auf der CD drauf, ich packe sie freudig erregt aus und lege sie in den Player. Die CD ist zu Ende, sie war gut.... aber DAS Lied war nicht darauf. Ich gucke die CD an, gucke in meine Bestellhistorie und ein Licht geht mir auf: richtige Band, falsches Album.
Ich schreibe die Lieferfirma an und bekomme keine Antwort. Beim Blick in die Auflistung sehe ich, dass die CD die ich eigentlich haben wollte mittlerweile ominöse 19,90 Euro kostet.

Dienstag:
Ich beschliesse, dem Allerbesten einen Adventskalender zu kaufen. Eigentlich haben wir schon vor Jahren beschlossen, dass wir einander an Weihnachten nichts schenken, auch nicht an Nikolaus... also gar nicht. Wer sich nicht daran hält - der Allerbeste.
Also auch dieses Jahr steht ein schöner Edel-Schoko-Adventskalender für mich zwischen den beiden Adventskalendern der Mädels. So, dieses Jahr also will ich, dass der Allerbeste auch einen bekommen soll. Gibt es eigentlich einen Bier-Adventskalender? Ja! Tatsächlich, ich werde im Internet rasch fündig - Liefergarantie am nächsten Tag. Na perfekter geht es wohl kaum noch. Ich bestelle und freue mich auf :

Mittwoch:
Ich verlasse das heimische Sofa kaum, werfe immer wieder abwechselnd einen Blick auf die Sendungsverfolgung von DPD und aus dem Fenster. Mein Geschäft verrichte ich in Millisekunden, ich will ja das Läuten nicht verpassen.
18 Uhr abends - bis jetzt niemand an der Tür, ich bin ausgelaugt vom Lauern. Der Blick auf die Sendungsverfolgung teilt mir mit, dass ein vergeblicher Zustellversuch erfolgte, aber niemand zu Hause war.
Ich rufe bei DPD an (die Nummer fand ich nach einer halben Stunde Suche auf deren Seite) - eine Tonbandstimme fordert mich mehrmals auf Paketnummer und Postleitzahl in den Hörer zu brüllen, und sagt mir am Ende dass der Fahrer heute bei mir niemanden erreicht hätte, das Paket aber morgen erneut zugestellt würde.
Ich schreie mein Telefon an - das ja eigentlich völlig unschuldig an der Sache ist - und merke, dass ich einen Pickel auf der Stirn bekommen habe.
Ich rufe das Kontaktformular auf und lasse meinem Frust freien Lauf, genauso antworte ich auch der Adventskalenderfirma, die mir die Zustellung für diesen Tag garantiert hat, dass die DPD-Wahl wohl nicht die allerbeste war.

Donnerstag:
In meinem Mailpostfach vier neue Mails - zwei von DPD, in der einen wird mir freudig mitgeteilt, dass der Fahrer schon auf dem Weg zu mir wäre und mein Paket heute eintrifft. In der anderen steht:
"Sehr geehrter Kunde,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Ihr Paket befindet sich bereits in unserem Zustellfahrzeug und wird im Laufe des Tages ausgeliefert.

Sie möchten wissen, wo sich unser Zusteller gerade befindet?
Die Lieferung können Sie jederzeit in unserem Live-Tracking unter dpd.de verfolgen.

Bei weiteren Fragen melden Sie sich gerne bei uns."


Wollen die mich verarschen? Ich schreibe schnell zurück:
"Haben sie meine wütende Beschwerde eigentlich auch gelesen?"


Die anderen beiden Mails sind von der Adventskalenderfirma, die eine kündigt mir mein Paket von DPD an (hahaha wie lustig) und die andere:


"Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,



danke für die Rückmeldung. Lt. Sendungslink befindet sich die Ware heute in der Zustellung.
Bitte entschuldigen Sie die Verzögerung."

Also auch die sind lustig drauf.....

Um 14 Uhr klingelt ein DPD Fahrer bei mir, der aussieht als wäre er dem Frankfurter Hauptbahnhof Millieu entsprungen. Ich frage ihn, ob er gestern auch da gewesen wäre. Seine radebrechende Antwort: "Gestern keine Zeit mehr."

Ja super! Ich habe Lust, ihm den mehrere Kilo schweren Adventskalender in die Heroinfresse zu drücken, lasse es aber sein.
Er brachte mir noch ein zweites Päckchen - meine nachbestellte Kuchentrage. Hierzu muss ich leider wieder ein wenig ausholen und den Blick auf letzte Woche lenken. Weihnachtsbazaar im Gymnasium, Tage vorher eine freundliche Anfrage einer organsierenden Mutter, ob ich was Deftiges für die Snacktheke besteuern möchte. Meine Tochter hatte mich darauf schon vorbereitet und mich gefragt, ob ich meine leckeren Schinken-Käse-Schnecken machen möchte. Ja, ich will, aaaaber ich hab ein Transportproblem. Meiner Tochter kann ich das ja schlecht schon morgens für den hoffnungslos überfüllten Schulbus mitgeben und selbst bin ich nicht mobil. Kein Problem versicherte mir die Orga-Mutter, sie würde, wenn es mir recht sei, die Schnecken gerne vor dem Bazaar bei mir abholen. Ob mir das recht sei? Das wäre perfekt und ich schloss sie in mein Abendgebet ein... wenn ich denn beten würde.
Ab da tägliche Status-Mail über den Verlauf der Snacktheke. Nicht mal wenn ich gewollt hätte, hätte ich darauf vergessen können. Tag x kommt, die Schnecken stehen in der Kuchentrage bereit, die ich wohlwissend mit Namensaufkleber versehen habe.
Ich trabe in meine Garage, um meine Handarbeiten in Kartons zu verstauen, denn am nächsten Tag ist Weihnachtsmarkt, wo ich hoffentlich den Inhalt der Kartons verkaufen werde.
Ein perfekter Ort, um die Ankunft der Orga-Mutter nicht zu verpassen, denn sie würde ja genau vor der Garge Halt machen.
Die Kartons sind fertig gepackt, bis jetzt hielt kein Orga-Mama-Auto. Ich gehe hoch und finde mein Telefon blinkend vor, der Anrufbeantworter teilt mir mit, da ich ja offensichtlich nicht zu Hause sei, spart sie sich den Weg, ich hätte ja wohl vergessen auf die Schneckenspende.
Liegt es an dem Ort? An der politischen unruhigen Situation, am Leitungswasser? Wir werden es nie erfahren. Es folgte jedenfalls eine Stunde des hektischen Herumtelefonierens, um die Schnecken doch noch irgendwie los zu werden, wertvolle Arbeitszeit.... MEINE Arbeitszeit.
Ich will gar nicht lange drum herum reden, meine Kuchtrage hat nie jemand gesehen, keiner weiss von irgendwas und ich habe mir jetzt eine neue bestellt. Derjenigen, die sich meine Kuchentrage mit dem Namen meiner Tochter drauf unter den Nagel gerissen habe, wünsche ich die Krätze am Hintern und zu kurze Hände.

Zurück zur eigentlichen Erzählung - 
Ein Blick auf die Uhr sagt mir: in zwei Stunden muss ich los, einen ganzen Wagen voller Briefsendungen und Päckchen zur Post bringen und danach ein Zahnarzttermin meiner beiden Prinzessinnen. Eigentlich sollte aber noch der Fed-Ex Fahrer vorbei kommen......
JETZT muss ich leider wieder ausholen.

Vor einigen Wochen machte ich mich im Internet auf die Suche nach meinen beiden Lieblingsdüften, die es in den herkömmlichen Parfümerien nicht mehr gibt. Ich fand sie tatsächlich und bestellte sie, die Seite: eine deutsche Seite mit Euro-Preisen und Mehrwertsteuer. Erst nach Abschluss der Bestellung sehe ich, dass die Firma ihren Sitz in Amerika hat. Ein leichter Anflug von Panik befällt mich, aber wird schon gut gehen.
Zwei Wochen später eine Sendungsverfolgung von Fed-Ex, das Päckchen befindet sich auf dem Weg zu mir. Yippieh! Sollte ich noch Zoll zahlen müssen, was soll's das wäre es mir Wert.

Die Sendungsverfolgung kündigt die Sendung für Montag vor drei Wochen an. An jenem besagten Montag zeigt die Sendungsverfolgung, dass die Waren am französischen Zoll hängt und es gibt keine weitere Information über den Liefertag. Zwei Tage später rufe ich bei Fed-Ex an, die erklären mir, dass das Paket wegen "Gefahrengut" beim Zoll hängt und nun auf die Deklarationspapiere aus den USA gewartet wird.
Eine Woche später immer noch keine Änderung am Versandstatus, dat Ding hängt immer noch in ROISSY CHARLES DE GAULLE.
Ich schreibe an die Versandfirma in den Staaten (in deutscher Sprache), wie das nun weiter gehen soll. Und was passiert, wenn die Waren nicht frei gegeben wird bzw. vernichtet, ob ich dann meinem Geld hinterher winken darf?
Ich bekomme eine prompte sehr freundliche Antwort in perfektem Deutsch, dass ich noch eine Woche warten soll, in der Regel würde das Päckchen dann weiter ziehen. Sollte dies nicht der Fall sein, bekäme ich selbstverständlich entweder die Ware erneut zugestellt oder das Geld erstattet.

Okay, ich fühle mich erleichtert und beruhigt und siehe da, am Mittwoch (der Mittwoch aus unserer Timeline) sagt mir der Versandstatus, dass sich mein Päckchen in Köln befände und mir am Donnerstag gegen 18 Uhr zugestellt würde.
Tja, blöd nur, dass ich um 17 Uhr den Zahnarzttermin mit den Mädels habe. Bevor ich gehe, hänge ich also noch einen Zettel an die Tür mit Anweisungen wohin man das Päckchen ablegen könnte, wenn ich nicht zu Hause bin.

Ich greife nun vor, geht erzähltechnisch nicht anders, als ich um 18 Uhr zu Hause war, freute ich mich zwar über das Wiedersehen mit dem Allerbesten aller Ehemännern... aber weit und breit war kein Fed-Ex Päckchen oder eine Nachricht. Die Sendungsverfolgung zeigt mir ein Wort: Zustellungsausnahme
ich google danach und finde eine Seite: "Fed Ex Kürzel erklärt" und "Zustellungsausnahme" heisst....... na, was  heisst es? Ja genau: der Fahrer hat niemanden angetroffen.
Ich höre Euch laut sagen: In diesem Fall hat es ja gestimmt, weil sie war ja beim Zahnarzt.
Ich würde Euch gerne zustimmen, aaaaaaaaaaaber: vor dem Wort "Zustellungsausnahme" steht die Uhrzeit: 8:29 (also morgens).
Wie muss ich mir das also vorstellen? Der Fahrer steigt morgens durch eine Subraumspalte, landet  um 18 Uhr abends bei mir vor der Tür und stellt fest, dass ich gar nicht zu Hause bin. Steigt wieder durch die Subraumspalte zurück zum frühen Morgen und erzählt sich selbst, dass er gar nicht vorbei fahren muss, da ich ja gar nicht zu Hause sein werde.

Da ich aber grad vom sehr "erbaulichen" Zahnarzttermin kam, war ich absolut ruhig und nehme es langsam als Normalzustand hin.
DAS also ist mein Leben, ich bekomme niemals, auch in Zukunft nicht, Pakete, egal woher und womit geliefert, an dem Tag zugestellt, an dem es angekündigt wird.
Wie gut, dass ich eh immer zu Hause bin und mir keinen Tag frei nehmen muss. Manche Dinge fügen sich doch irgendwie praktisch zusammen....

Nun aber wieder zurück zum eigentlich Erzählverlauf. Wir erinnern uns, es ist Donnerstag 17 Uhr, der Zahnarzt ruft.
Es  handelt sich bei diesem Besuch um normale Vorsorge, wobei wir aber wissen, dass die ältere ein Loch in einem Milchzahn hat, das repariert gehört - soweit hat uns letzte Woche die andere Zahnärztin, die für die Zahnspange zuständig ist, schon vorgewarnt. Eine Horrorsituation für meine Tochter, die zwar bei den üblichen Sitzungen mutig ist, aber nicht wenn was ansteht, das sie noch nicht kennt. Ich habe Verständnis dafür, ich bin ja selbst der größte Schisser vor dem Zahnarzt, wenn ich  da hin muss. Aber ich weiss auch, dass es besser ist, es hinter sich zu bringen, als es ewig auf zu schieben.
Mein Kind liegt also in diesem Zahnarztstuhl und wird mit dem Loch erneut konfrontiert, das sie bis dahin erfolgreich verdrängt hatte und bekommt leichte Panik. Ich rede ihr zu, dass sie es einfach hinter sich bringen soll und dass sie keine Angst haben muss, sie könne mir vertrauen.
Der Zahnarzt spricht das Kinderzauberwort aus: muss nicht heute sein, lass es sacken und komme wieder, dann machen wir das.
Super.... Mama hat nun absolut keinen Einfluss mehr, zumal die dralle schrille Zahnarzthelferin noch dezent ein "Manchmal haben Mütter einfach still zu sein" einwirft.
Ich übe mich also in Stille und gehe im Kopf den Terminkalender durch und hoffe auf einen Tag, an dem es mir demnächst möglich sein wird, erneut mit meinem Kinde anzutanzen... ist nicht so einfach kurz vor Weihnachten mit all den anderen Terminen und den Schulzeiten im Gymnasium und einem in Renovierung befindlichen oberen Stockwerk (ich wette DAS habt Ihr schon wieder vergessen gehabt).
Wir bekommen einen Termin, der mir Bauchschmerzen bereitet, nämlich am Tag NACH dem nächsten Zahnspangentermin. Ich mit meinen 50 Jahren weiss, was nun auf mein Kind zu kommt: an einem Tag Zahnspangengedöns, am nächsten Tag gleich nochmal zum Zahnarzt Loch reparieren. Und statt 5 Minuten Panik, wird sie nun drei Tage vor dem Termin Panik schieben. Aber gut, das Kind liegt nun schon im Brunnen - ich bin still.

Zahnarzt geht, Kind - bzw. ihre Zähne - werden gereinigt und poliert. Währenddessen belausche ich das wasserfallartige Geplapper der schrillen Drallen: "Wie alt bist du denn? Ach 11, wie schön, aber du musst weniger Süsses essen (meine ältere Tochter mag Süsses nicht, hasst aber Zähneputzen, ein tagtäglicher Kampf um das Thema), und die ganzen verstecken Zuckerwerte in den Getränken, du solltest wirklich darauf verzichten.Mach dir mit deiner Mama einen Tag in der Woche aus, an dem ihr den ganzen Tag naschen könnt und an all den anderen Tagen gar nicht"
Mein jüngstes Kind strahlt mich voller Freude an: einen ganzen Tag lang naschen - der Himmel tut sich auf... bei uns wird ausschliesslich Samstag abends genascht, die restliche Woche eher weniger bis gar nicht

Mein älteres Kind rank und schlank, bombenfigur für ihre 11 Jahre, liegt hilflos da, den Schlauch im Mund und Miss Piggy erzählt sich selbst Wahrheiten aus dem Poesie-Album, in unschönem Dialekt:
"Ich tu dir jetzt eine klebrige Paste drauf, lass es einfach klebrig sein... aber oh gott, gehst du heute noch auf den Weihnachtsmarkt mit Freunden? Mädels in deinem Alter gehen ja auch schon mal alleine aus. Dann wäre das jetzt nicht so toll, das färbt nämlich die Zähne......"
Mein Kind schüttelt den Kopf. Nur zur Verdeutlichung: es ist kurz vor 18 Uhr mitten unter der Woche, der nächste Dauerweihnachtsmarkt befindet sich in der nächsten grösseren Stadt, die mit dem Bus eine Stunde entfernt ist. Ich weiss ja nicht, ob Miss Piggy selbst Kinder hat, falls ja.... na dann gute Nacht.
Sie plappert munter weiter:
"Oder gehst du heute noch ins Kino, mit deinem Freund, das wäre auch nicht so schön... hast du schon einen Freund? na für einen Freund bist du vielleicht doch noch etwas zu jung, aber man weiss ja heutzutage nie........blablablablablubb"

Meine Tochter wird immer kleiner und ich kann bis in meine Ecke spüren, wie peinlich ihr dieses Gespräch ist.
Endlich ist die Labertasche fertig, mein älteres Kind erlöst, meine jüngste muss auf den Folterstuhl (Labertaschen-Wasserfall-Geplapper-Folter)
Der Zahnarzt betritt erneut die Bühne, verrichtet seine Arbeit,  ist eigentlich zufrieden, erneute Predigt über regelmässiges und gründliches Zähneputzen. Zahnarzt geht ab, Miss Piggy verlässt auch den Raum, um schnell was anderes zu machen, bevor sie sich der gründlichen Reinigung und Politur der jüngsten Zähne annimmt.

Meine ältere Tochter und ich sprechen erneut über das bevorstehende Loch, also die Reperatur desselben, Loch  ist ja schon da....
ich erzähle ihr, dass sie wirklich keine Angst davor haben muss, da sie ja auch eine Betäubung bekäme, falls es unangenehm wäre. Sie meint noch, dass sie vor einer Spritze gar keine Angst hätte. Ich bestätige ihr, dass so eine Spritze kaum zu merken ist, aber das Gefühl zwei Stunden später richtig lustig ist, wenn man dann ständig mit den Fingern am Testen ist, ob man die Lippen eigentlich geschlossen hat, oder die ganze Zeit mit offenem Mund da sitzt und der Sabber läuft einem übers Kinn, weil man ja nichts spürt. Und das Trinken wäre ja super lustig, wenn's links und rechts vorbei läuft. Wir amüsieren uns königlich und ich merke, dass die Anspannung und Angst aus meiner Tochter weicht - Humor regelt in unserer Familie seit Jahrhunderten jedes Problem.

Mitten in unser lustiges Gespräch über taube Lippen und Sabbereien platzt Miss Piggy wieder rein und fährt mich mit ihrer schrillen Stimme an: "Also das ist ja unmöglich, hören sie doch endlich auf damit, ihrer Tochter Horrorgeschichten zu erzählen. Manche Mütter sind wirklich unglaublich."
Der verbale Wasserfall füllt den Raum und ich stammle erst: "Wir reden grad über....", merke aber, dass ich nicht durch den Wasserfall dringe und schlage laut mit der flachen Hand auf den Tisch und sage sehr laut:"Jetzt halten sie mal endlich ihren Mund und hören auf so viel zu reden. Sie haben mir nun schon zum zweiten Mal das Wort verboten, mischen sich in ein Gespräch zwischen meiner Tochter und mir ein, ohne zu wissen worum es geht und ich würde sie jetzt wirklich darum bitten, ihren ungehörigen Ton mir gegenüber zu unterlassen und einfach still ihre Arbeit zu tun, damit wir hier endlich weg können."

Ich erspare Euch nun den weiteren Wortwechsel, zwischen zwei Bluthochdruckpatientinnen mit hochrotem Kopf und zittrigen Händen.... ich würde ihn auch kaum noch korrekt wiedergeben können. Nur so viel sei verraten: Miss Piggy hielt nichts davon, ihren Mund endlich endlich zu halten. Sie regte sich wohl so über mich auf, dass sie mein jüngstes Kind mit dem Schlauch im Mund einfach für ein paar Minuten verliess... vielleicht musste sie sich draussen zur Beruhigung zwei Rippen Schokolade rein ziehen.  Als sie zurück kam, forderte sie mich auf, ich könne gerne raus gehen.
"Ich weiss, dass ich das kann, aber hier liegt meine Tochter auf dem Behandlungsstuhl und sie müssen es mir schon selbst überlassen ob ich sie hier mit ihnen alleine lassen möchte, oder lieber bei ihr bleibe."
Ich muss Euch nicht sagen, dass sie auch das nicht unkommentiert liess.... Babbelsucht oder die Sturheit das letzte Wort haben zu wollen.
"Ich wollte es ihnen nur anbieten... blablablablablubberblabla"
"Können sie jetzt endlich still sein und weiter arbeiten?"

Fazit - es war wie in einem schlechten Fantasiefilm. Ich konnte förmlich sehen, wie mein aufgestauter Frust über DPD-Idioten und automatisierte Mail-Antworten, verlustig gegangen Kuchenbehältnisse und Umzugschaos sich in Gestalt einer hässlichen Kreatur aus meinem Kopf entfernte und sich in Miss Piggys Kopf einnistete.
Während wir drei gelöst lachend nach Hause liefen und wir uns einig waren, was für eine dumme Pissnelke das grad war, hat Miss Piggy ihren Abend sicherlich entweder in Alkohol ertränkt oder heulend in ihr Tagebuch geschrieben..... die Episode mit der Horrormutter, die sie so unfair behandelt hat.

Und das war meine Woche, die noch gar nicht rum ist.
Ich lege mich jetzt bis Montagmorgen ins Bett, sollte mich jemand suchen, ich bin für niemanden zu sprechen.


Sonntag, 19. Juni 2016

Ein gemütlicher Samstag-Abend im Kreise der Familie

Ups, lange schon nichts mehr von mir hören lassen.....
deswegen gibt es heute mal wieder neue Satire - gab's eh schon länger nicht mehr



Ein gemütlicher Samstagabend im Kreis der Familie
Endlich Wochenende und somit der Zeitpunkt der Woche, an dem keiner in die Schule oder zur Arbeit muss – Zeit füreinander und miteinander.
Wir entscheiden uns für einen Fernsehabend, kaufen dementsprechend vormittags schon die wichtigen ungesunden Utensilien ein und kaum bricht der Abend an, geht es an die Entscheidung was geguckt werden soll. Zuerst bricht ein hysterischer verbaler Kampf zwischen den beiden Prinzessinnen aus, die sich gegenseitig Film- und Serientitel um die Ohren hauen, welche von der jeweils anderen mit Unmutsäusserungen quittiert werden:
„Das ist kindischer Scheiss, das will ich nicht sehen!“
„Diesen Langweiligen Dreck kannst Du Dir alleine anschauen!“
„Wenn wir das gucken müssen,  zieh ich aus…!“

Bevor die Situation zu eskalieren droht, beruhigen wir die Aufgebrachten mit Gummibärchen, die wir ihnen direkt in den Rachen stopfen – die so entstandene sofortige Stille, die nur durch Röchelgeräusche unterbrochen wird,  nutzen wir um unsere eigenen Vorschläge vorzutragen, die einstimmig angenommen werden.
Zuerst wird der gemütliche Sessel zurecht geschoben, den ich vor einigen Wochen ins ohnehin überfüllte kleine Wohnzimmer platziert habe – die Idee dahinter war, dass wir nicht so gnadenlos aufeinander hocken müssen und Mama – also ich – beim Filmegucken weiter ihre ausladenden Handarbeiten machen kann. Ein Dreiersofa, ein Zweiersofa und ein Sessel…. 
Das sollte für 4 Personen locker zu Agoraphobie führen könnte, also die Angst vor weiten Plätzen. Der Sessel wurde kurzerhand nach einem unwesentlichen Handgemenge und einer kleinen Platzwunde, die durch das Gerangel entstand, von unserer Jüngsten annektiert und nur noch verlassen, wenn die Schulpflicht und der Schlaf rufen (die Kleine hat eine Blase wie ein fünfzigjähriger Seemann).  Auf dem Dreiersofa nimmt die ältere Tochter liegend Platz und das letzte Drittel wird von der Katze, die wir vergessen haben einzuberechnen, in Beschlag genommen.  Der weltbeste Ehemann von allen und ich quetschen uns nun auf das Zweiersofa… ist ja egal, ich muss keine großen Projekte am Samstag arbeiten, hab ja noch genügend Socken zum Stricken. 

Nun sitzen wir also alle erwartungsvoll vor der Glotze und der gemütliche cineastische Abend kann beginnen. Das Intro dröhnt aus den Lautsprechern der Surround Anlage und kaum flimmert die erste entscheidende Minute des Films über den Schirm, schallt es aus dem Sessel: „Mamaaaaaaa kann ich Tee?“
Ich lasse sofort die Nadeln fallen und während ich noch frage, ob noch jemand Tee möchte – was einstimmig mit „Ihich!“ beantwortet wird, quetsche ich mich an meinem Göttergatten vorbei in die Küche. Es lohnt sich nicht wieder hinzusetzen während der Wasserkocher arbeitet, also räume ich in der Zwischenzeit den Geschirrspüler aus, säubere die Herdplatte, schnipple noch etwas Obst und Gemüse in eine Schüssel. Nachdem in allen Tassen ein Beutel im heißen Wasser vor sich hin zieht, quetsche ich mich an meinen Göttergatten vorbei auf meinen Platz und wundere mich über die Schauspieler auf dem Bildschirm – wusste gar nicht, dass die bei dem Film mitwirken. Meine Familie klärt mich auf, während meiner Abwesenheit wurde kurzerhand der ausgewählte Film für blöd und langweilig erklärt und der Alternativfilm angeworfen. 

Nun weiß ich Bescheid und ich stricke zwei Reihen, als mir einfällt, dass die Tees sicherlich nun fertig gezogen haben. Ich laufe zweimal hin und her, der eine will seinen Tee schwarz ohne was drin, die andere mit Zucker, die nächste mit Milch… fertig. Ich sitze endlich wieder und jemand drückt die Fernbedienung – Stop – „Ich hol mir was zu knabbern“ „Ich geh aufs Klo“… die Familie zerstreut sich in die anderen Räume, ich sitze mit meinem Strickzeug alleine auf dem Sofa und starre die schönen Bilder des Bildschirmschoners an. Nachdem alle erledigt haben, was zu erledigen ist, wird der Film weiter fortgesetzt – ich habe keine Ahnung worum es geht, weil ich nur noch das Rascheln diverser Knabberpackungen höre, aber meine Teetasse ist leer und ich quetsche mich an meinem Mann vorbei, um mir neuen Tee zu machen – ein Blick auf den Tisch verrät mir, dass alle anderen noch versorgt sind. 

Das Wasserkochergedöns und das Ziehen nutze ich, um einen Zigarette auf dem Balkon zu rauchen, es lohnt sich nicht in der Zeit das Sofa aufzusuchen.
Kaum sitze ich mit meiner zweiten Tasse in meiner mir zugewiesenen Sofaecke, schreien mindestens zwei Menschen im Raum „Ich will auch noch Tee“, die Tassen wurden in der Zwischenzeit wohl geleert. Strickerei weg, aufstehen, Mann vorbeiquetschen, Küche, Wasserkocher.
Alle haben jetzt wieder Tee, meiner ist kalt, ich sitze. Katze streckt sich, hüpft vom Sofa und läuft Richtung Tür… nur ich bemerke das. Strickerei- aufstehen-quetschen, ich nehme noch den mittlerweile entstandenen Müll mit raus und während ich die Katze raus lasse kann ich die komplette übervolle Mülltüte auch gleich in die Tonne schmeissen. 

Ich sitze wieder und drei Augenpaare gucken mich an „Mama, sollen wir dir erzählen, was bisher geschehen ist?“ Ich bitte darum und versuche den noch laufenden Film auszufiltern, während mir meine zwei Töchter zwei völlig verschiedene Inhalte erzählen, die keinerlei Sinn ergeben. Ich täusche Verständnis vor damit es endlich weiter geht und wir müssen die Stelle suchen, an der wir waren, weil während der Zusammenfassung wohl die Handlung eine wesentliche Wende erfahren hat und sich nun keiner mehr auskennt. Da wir online bei einem namhaften Filmanbieter Kunden sind, bricht die Suche nach der richtigen Stelle fünfmal wegen schlechter Internetverbindung ab. Kaum läuft der Film wieder, stellt meine Jüngste fest, dass ihr ausgewähltes Knabberzeuchs gar nicht lecker ist, sie stellte es sich irgendwie leckerer vor: „Mamaaaaaa, haben wir noch Popcorn?“ Wir haben und ich quetsche mich mit dem Strickzeug in der Hand am Weltbesten vorbei und suche die Packung. Während es in der Mikrowelle vor sich hin ploppt, könnte ich ja noch eine Zigarette rauchen. Ich ziehe und die Zigarette miaut… ich gucke nach unten und stelle fest, dass die Katze es sich anders überlegt hat und wieder rein möchte. Ich hole die heisse Tüte aus der Mikrowelle, Popcorn rein in die nächste Schüssel, die Treppe runter und die Katze rein.

Am Mann vorbeiquetschen, sitzen… wo ist mein Strickzeug eigentlich? Aufstehen, Mann quetschen, Strickzeug suchen, Mann quetschen, hinsetzen, drei Maschen stricken und ich merke, dass meine Augenlider schwerer sind als der Müllbeutel, den ich vorhin entsorgt habe. Ich erhebe mich von meinem Strickzeug, quetsche es meinem Mann irgendwohin und schleppe mich Richtung Treppe zum Schlafzimmer, die jungfräulich unberührte Schüssel Rohkost nehme ich gleich mit in die Küche  - morgen gibt es Gemüseauflauf und Kompott.
 Am Montagvormittag, wenn alle ihrer Bestimmung nachgehen, breite ich mich auf den beiden Sofas aus und guck mir den Film in aller Ruhe an, garantiert nur unterbrochen von zwei bis drei Paketbringdiensten, die gar nicht meine Post abliefern, sondern die der Nachbarn bei mir deponieren, jeder die Katze reinlassend, die jedesmal 5 Minuten später dringlichst wieder raus möchte.
Ganz ehrlich? Fernsehen wird total überbewertet.

 



Samstag, 2. April 2016

Blubie und die tollen Frauen

Ha! Diesmal hat es nicht wieder so lange gedauert, bis ich in die Tasten haue... was sagt Ihr nun!?

Ich erwähne ja immer wieder die tollen Frauen in meiner Nachbarschaft, die einfach mal so Dinge vorbei bringen, die mich glücklich machen. Es ist schon wieder passiert!
Vor einiger Zeit drückte mir meine liebe Nachbarin eine Plastiktüte in die Hand und darin fanden sich wunderbare Schnickschnackdingelchen für meine Kartenbasteleien.


Wow! Eigentlich hätte ich am liebsten gleich zu sortieren begonnen und die schönen Sachen zu verarbeiten, aber das muss leider erst einmal warten. Kartenbasteln braucht seine Zeit und die ist grad gar nicht... kommt aber wieder.

Und gestern läutet eine andere Nachbarin an der Tür und bringt mir eine prall gefüllte Tasche mit den herrlichsten Stoffresten vorbei, die man sich nur erträumen kann. Ich kann nur sagen: das gibt Patchworkdecken ohne Ende!

Das Handarbeiten geht grad ein wenig schleppend voran, die Ferienzeit bedeutet ein wenig Blockade, aber wir haben ja auch viel geräumt und sortiert. Nach meinem eigenen Befreiungsschlag punkto Bücher und Zeitschriften, hat es nun meine Mädels erwischt. Nicht freiwillig versteht sich, aber wenn man wieder sein Handy zurück haben möchte, dann klappt das schon mit dem Aufräumen. Ja, ich weiss, ich kann eine böse böse Mutter sein.
Da mir vor einigen Tagen so richtig der Kragen geplatzt war, wurde sortiert, ausgemistet und aufgeräumt. Kisten wurden ausgeleert und auf dem Boden vereinten sich Barbie-, Monster High-, Lego- und Playmobilkrams.... echt  jetzt, ich kann das alles kaum auseinander halten und bewundere meine Mädels, wie sie zielsicher ganz genau wissen was wozu gehört. Ich kann die meisten Sachen mit meinen Wurstfingern ja noch nicht mal vom Boden aufheben, so klitzeklein ist das. Ich habe mit ihnen den Anfang gemacht und dann ging der Rest von ganz alleine... und siehe da, sie hatten - so Originalwortlaut - sogar Spass dabei.

In den freien Minuten dazwischen, war ich abwechselnd am Nähen und am Häkeln.
Da stapeln sie sich, wie die Orgelpfeifen, die Grannies, die mal eine Decke werden sollen.

 Zwei Patchworkdecken in spe, die gelb-grüne ist schon fast verkauft und die grau-rosa befindet sich im Werden. Ich mache jetzt immer gleich zwei auf einmal fertig, weil die Endarbeiten auf dem Boden rutschend dann irgendwie nicht ganz so hoffnungslos erscheinen: zwei auf einen Schlag = nur einmal Rückenschmerzen.
Und seit zwei Tagen befinde ich mich in einem Farbenrausch. Ich wollte nie über Kleidung oder Mode sprechen, Ihr kennt mich - ich bin nicht so. Aber nun tu ich es doch: Asche über mein Haupt.

Ihr wisst ja, ich lauf ja meist in schwarz herum - als alter Gruftie finde ich das einfach toll: alles passt zusammen und überhaupt. Nun habe ich vor zwei Jahren Gudrun Sjöden entdeckt - "Gudrun was?" höre ich Euch bereits fragen. Das ist ein Modelabel für Menschen, die Pippi Langstrumpf mögen,  IKEA zum Anziehen... einfach toll, so extrem bunt, dass es richtig happy macht.
So sehen die Kataloge aus


Bonbonfarben kombiniert mit allen Mustern, die es überhaupt gibt und jeder Katalog ist ein Kunstwerk und thematisch aufgebaut. Einfach nur endlos darin zu blättern macht grossen Spass.... mehr kann man eigentlich eh nicht wirklich machen, weil die Preise extremst sind. Als ich vor zwei Jahren darauf gestossen bin, habe ich erst einmal einen kleinen Griechenlandurlaub für eine Person verbraten.
Ausgestattet mit einigen schönen Stücken, die sich endlos miteinander und auch mit meinen schwarzen Sachen kombinieren lassen, war ich erst einmal zufrieden und habe mir absolutes Kaufverbot auferlegt - mit dem Endeffekt, dass ich bei jedem neuen Katalog heulen hätte mögen und mir ganz ganz arm und einsam vorgekommen bin: Ersteweltprobleme halt.

Vor zwei Tagen ist es dann passiert - ich habe eine Gudrun Sjöden Flohmarkt Gruppe auf Facebook entdeckt und ich weiss jetzt wie es sich anfühlt, wenn man durch eine Religion erleuchtet wird. In dieser Gruppe wird getauscht und verkauft, beraten und getröstet, Tipps gegeben und endlos positive Energie ausgeschüttet. Wow! Was für Frauenpower... ich konnte mich kaum noch loslösen und habe gestöbert, gelesen, mir Fotos angesehen und das Wort "Schwester" bekam eine neue Bedeutung. Ein völlig eigener Menschenschlag, das ist kein Modelabel, das ist eine Philosophie... und so bin ich wieder versöhnt, dass ICH über Klamotten schwadroniere... in Wirklichkeit wälze ich ja grosse Gedanken.
Großartig, ich konnte stundenlang dem Terror, den Kriegen, den Problemen der Welt entfliehen und bekam noch nicht mal richtig mit, dass Genscher tot ist, obwohl nebenbei die Flimmerkiste lief und auf Phönix bereits seit 2 Stunden Sondersendungen über ihn liefen.
Ich war im Wunderland... scheiss auf die echte Welt.... genoss die positive und liebevolle Stimmung und badete im Farbenrausch.
Wenn da draussen mal wieder alles durchdreht und ihr mich nicht findet... ich bin dann mal Sjöden.

Und bis meine Secondhand-Teile (endlich mal Gudrun, die man sich auch leisten kann) vom Postboten gebracht werden, lasse ich mich optisch von meinen Balkonblumen (nun also doch) verzücken... Wochenende soll warm werden - endlich wieder Balkonien, endlich wieder Garten!


Bleibt gesund und mir gewogen
Eure bunte Blubie





Samstag, 26. März 2016

Frühlingsgefühle

Nein, ich zeige Euch heute weder Frühlingsblumen aus Balkonien,  noch Schneeglöckchen im Garten und auch keine Osterdeko.... schaut eh alle Jahre gleich aus.

Ich dachte nur, ich sollte mal wieder was tippen... egal was, hauptsache mein Blog staubt nicht völlig ein - das letzte Mal liegt ja schon wieder ein Weilchen zurück.

Aber ich bin schwer dauerbeschäftigt und nähe seit Wochen nur noch Patchworkdecken bzw. häkle diverse Quadrate.



Ich könnte Euch erzählen, wie ich vor ca. zwei Wochen morgens überlegt hatte, ob ich nicht ein paar Bildbände aussortieren könnte. Immerhin schlägt man das meiste Wissenswerte mittlerweile im Internet nach.... nun, nach dieser kurzen Überlegung hatte ich plötzlich zwei kniehohe Stapel im Raum stehen. Weil ich schon mal dabei war, schnappte ich mir noch eine Buchreihe, die gefährlich knapp in der zwoten Reihe stand und nicht viel Platz hatte. Raus aus dem Regal und rüber ins Esszimmer,  wo sie natürlich erst recht keinen Platz fanden... ausser, wenn ich mich endlich von Land-Lust, Land-Idee, Land-Zauber, Land-Ei etc pp trennte..... gedacht - getan. Nach kurzem Durchblättern flogen die alten Illustrierten in die Tonne - die Buchreihe nahm den Platz locker ein.
Okay, da ich nun schon in Fahrt war, kümmert ich mich nun um meine zwei China-Regale, in denen sich die China-Romane und Bildbände drängelten. Brauche ich wirklich Politische Abhandlungen über das Reich der Mitte aus den 70er und 80er Jahren, Reiseführer aus der selben Epoche oder 5 Konfuzius-Spruch-Bände? Nöööööö, weg damit!

Die Regale sahen nun aufgeräumt und sauber aus..... laufen konnte man in den Zimmern  nicht mehr: überall Bücherstapel. Die Vorhänge und auch das Sofa sahen nicht aufgeräumt und sauber aus.... na gut, dann holte ich halt die Leiter und nahm die Vorhänge ab. Während diese in der Waschmaschine ihre Runden drehten, zog ich noch den Sofabezug ab und da die Fenster ja grad so schön frei waren, holte ich noch einen Eimer Wasser und fing diese an zu putzen.

Morgens um 8:15 war also dieser Bildband-Gedanke gedacht, um 16 Uhr taten mir Hände und der Rücken weh.... aber die Wohnung konnte sich wieder sehen lassen.

Die Bücherstapel wurde ich in den nächsten zwei Tagen los, ein paar wanderten ins Schönauer Bücherregal, ein paar in eine Internet-Tauschplattform und der Grossteil steht jetzt in der Bibliothek des Gymnasium.

Ich kann Euch sagen - sich von Dingen zu befreien, befriedigt enorm.

Und nun werde ich weiter Rechtecke aneinander nähen, die zukünftigen Besitzer warten schon darauf und während ich nähe, freue ich mich schon auf meine beiden Lesungen im April und Mai, die werden meinen Adrenalinspiegel wieder schön in die Höhe treiben.

Euch wünsche ich ein schönes Osterfest




Freitag, 5. Februar 2016

Raus aus der Stoffrestekiste - rauf aufs Sofa

Heute möchte ich Euch von der Deckenwerdung eines Stoffrestes erzählen und Euch mit Zahlen und Fakten rund um eine Patchworkdecke und deren Entstehung langweilen ;o)

Meistens beginnt der Prozess hier vor diesem Materialregal, aus den Kisten mit Stoffresten (die beim Nähen anderer Projekte entstehen, oder vom Schnäppchentisch geholt wurden) wähle ich die Farben meiner Wahl aus.

 Bei unserem Anschauungsbeispiel benutzte ich extra gekaufte Patchworkrollen, die farblich zusammengestellt waren - die hatte ich entdeckt beim Kreativmarkt und mich dort direkt in die Farbzusammenstellung verliebt.
 Aus festem Karton fertige ich eine passende Schablone an und dann werden unzählige Quadrate mit einem Bleistift oder Fineliner auf die Rückseite der rausgesuchten Stoffe gezeichnet... in unserem Fall waren es natürlich nicht "unzählige", sondern exakt 280. Diese Quadrate werden dann mit einer Stoffschere ausgeschnitten und bereits nach dieser Arbeit plagen mich mein steifer Rücken und die Blasen an der Hand vom Schneiden.
 Die Quadrate müssen nun eventuell gebügelt werden, je nachdem in welchem Zustand sich der Stoff befindet, und sie werden vorsortiert, denn beim Zusammennähen sollte man darauf achten, dass nicht unbedingt gleiche Stoffe nebeneinander landen, bzw. vielleicht soll die Anordnung ein Muster ergeben.
 Nun werden die Quadrate schön aneinander genäht, bis man die gewünschte Breite der künftigen Decke erreicht hat
das wiederholt man so oft

... bis alle Quadrate zu Streifen vernäht worden sind, die nun in der richtigen Reihenfolge aneinander genäht werden. Dies ist der stressigste Teil... für den Rest der Familie, denn zum einen liegen überall sortierte Stoffstreifen herum, die ja nicht berührt oder bewegt werden dürfen, zum anderen ist die Mutter kaum ansprechbar und letztlich nimmt Mutter samt Handarbeit den kompletten Raum ein - vorzugsweise das Wohnzimmer.

Ist der letzte Streifen verarbeitet, sieht das gute Stück schon verdammt nach Decke aus und lässt das eigene Herz höher schlagen, es geht in die Endphase.
 Das Finale erfordert regelrechten Körpereinsatz und viel Platz, diesen gibt es nur bei uns im Esszimmer, das vor dieser Arbeit selbstverständlich erst einmal gründlich gesaugt werden muss und der massive Tisch muss ein wenig zur Seite geschoben werden. Nun kann das üppige und in etlichen Metern gekaufte Vlies ausgebreitet und zugeschnitten werden
 Normalerweise wird der Seitenstreifenstoff in akribischer Massarbeit zugeschnitten - hier hatte ich Glück und konnte die bereits vorgeschnittenen Streifen aus den Rollen verwenden, die freundlicherweise zuviel waren und farblich wunderbar abgestimmt sind.
 Aber soweit sind wir ja noch gar nicht - jetzt kümmern wir uns um den Rückenstoff, der bei meinen Decken immer aus einem Stück besteht. Da es sich hierbei um ein großes Stück Stoff handelt, brauche ich erst gar nicht in meinen Restekisten zu schauen, ich bestelle sie extra passend zum Projekt.
 Ein kritischer Blick verrät mir: ich kann noch nicht zuschneiden, erst muss der Bügelladen aufgestellt werden und das gute Teil geglättet... seufz, darauf hab ich ja nun echt keinen Bock - aber was muss, das muss.
Endlich kann ich mich ans Zuschneiden machen, nachdem alle Seiten festgesteckt sind und meine Knie vom Ambodenrumrutschen genauso steif und schmerzhaft sind wie mein Rücken.
 Frischen Kaffee geholt und jetzt geht es wirklich in den Endspurt! Zuerst werden alle vier Seiten fixiert, das heisst: mit groben aber festen Stichen müssen die 3 Lagen zusammengehalten werden.
 Danach die Seitenstreifen "geheftet", das ist eine Technik bei der man mit einem relativ minderwertigen Faden, die umgeschlagenen Kanten fixiert, dieser Faden wird ganz am Ende wieder herausgezogen.
 Die Seitenstreifen müssen nun mit einem sogenannten Saumstich an der Deckenkante angebracht werden - vorne und hinten.
Tadaaaaaaaaaaaaaa - nun also ist die neue Decke fertig und kann sich um den neuen Besitzer schmiegen und ihn (oder sie) warm halten.

Zum Abschluss noch ein paar Zahlen und Fakten:

280 Quadrate gezeichnet und ausgeschnitten
insgesamt 76,3 Meter genäht
Von Montag bis Freitag von 8Uhr bis ungefähr 23Uhr gearbeitet, ziehen wir Klopausen, Hausarbeit und Essen ab kommen wir auf ca. 60 Stunden (plus/minus)
das macht 15 Tassen Kaffee (maxi)
plus 7 Liter Tee
plus 7,5 Liter Mineralwasser
2 Staffeln Fringe und zwei Folgen der 3. Staffel
10 Folgen Voyager
und ca. 5-7 mehr oder weniger interessante Dokumentationen.